taz: Frau
Scho-Antwerpes, in seiner Predigt am Dreikönigstag hat der Kölner
Erzbischof Meisner den Schwangerschaftsabbruch in eine Reihe mit den
Verbrechen Hitlers und Stalins gestellt. Wenige Tage zuvor hatte er
sogar gesagt, Abtreibung stelle "wohl alle bisherigen Verbrechen
der Menschheit in den Schatten". Republikweit wurde über die
Entgleisung des Kölner Kardinals berichtet, der Zentralrat der Juden
hat eine Entschuldigung verlangt. Warum schweigen Ihrer Meinung nach
die großen Kölner Parteien zu diesem Skandal?
Elfi Scho-Antwerpes:
Ich persönlich bedauere das sehr, und ich hoffe, dass dies noch
nachgeholt wird. Es ist ja noch nicht zu spät. Ich selbst habe dazu
eine dezidierte Meinung, und eigentlich sollten alle Parteien in der
Stadt dazu klar Stellung beziehen. Vielleicht hat es etwas mit Mut zu
tun. Einige werden sich überlegen, ob sie es sich zutrauen, sich mit
dem "großen Mann" anzulegen. Ich suche schon seit längerer
Zeit ein Gespräch mit Herrn Meisner, schon in meiner Funktion als
Vorsitzende der Kölner Aids-Hilfe.
Glauben Sie,
dabei käme etwas heraus?
Elfi Scho-Antwerpes:
Ja!
Auch, wenn Sie
ihn kritisieren?
Elfi Scho-Antwerpes:
Ja, ich habe mir sagen lassen, dass der Kardinal auch mit Leuten
redet, die ihm gegenüber kritisch eingestellt sind. Er muss einem ja
nicht unbedingt Recht geben.
Stichwort Recht.
Was halten Sie von der "Aktion Wintercheck"? Da greift die
Polizei auch immer wieder Menschen auf, die in der Illegalität leben.
Von einem anderen Umgang mit Illegalisierten, wie ihn Städte wie München
oder Freiburg praktizieren und wie ihn etwa der Flüchtlingsrat
einfordert, ist Köln offenbar weit entfernt.
Elfi Scho-Antwerpes:
Das sind nun einmal die Vorgaben, die die Beamten der Polizei auf dem
Tisch haben, und die müssen sie umsetzen.
Sicher, aber die
Stadt ist daran beteiligt...
Elfi Scho-Antwerpes:
Ja, aber ich weiß nicht recht, ob die Polizei tatsächlich immer so
brutal vorgeht, wie dies in den Zeitungen geschildert wird. Dem müsste
man im Einzelfall nachgehen. Wenn ich so was höre, bin ich mir nicht
zu schade, sofort auch selbst mit der Polizei Kontakt aufzunehmen und,
je nach Schwere des Falls, auch mal mit dem Polizeipräsidenten persönlich
zu erörtern, ob seine Leute womöglich vereinzelt übers Ziel hinaus
geschossen sind. Dabei geht es mir darum, so etwas sofort im Keim zu
ersticken.
Ein ganz anderes
Problem. Die SPD wird nun in einer großen Koalition all jene
Streichungen und Kürzungen vor allem im sozialen Bereich umzusetzen
haben, die sie vordem in der Opposition vehement abgelehnt hatte. Wird
Ihre Partei da nicht zwangsläufig auf Widerstand stoßen - bei ihrer
Klientel wie auch bei der eigenen Parteibasis?
Elfi Scho-Antwerpes:
Es führt am Sparen ja nun mal kein Weg vorbei. Wenn wir nicht
mitregieren würden, käme es womöglich noch schlimmer. So haben wir
wenigstens die Möglichkeit, zu beobachten, wo das Geld hinfließt, wo
es bleibt. Dabei darf dies nicht nach dem Gießkannenprinzip gehen.
Institutionen und Vereine werden sich gefallen lassen müssen, dass
sie überprüft werden.
Die CDU hat ja
bis zur Wahl mit den Grünen regiert, schwarz-grün hat drastische
Sparmaßnahmen beschlossen. Hat die SPD in den Koalitionsgesprächen
etwa für den Kulturbereich noch etwas rausholen können?
Elfi Scho-Antwerpes:
Im Kulturbereich haben wir bei den Koalitionsgesprächen eigentlich
alles durchgekriegt, was wir wollten. Da haben wir uns als SPD sehr
gut positioniert.
Bei der Besetzung
des Amtes des Kulturdezernenten hat Schwarz-Grün nicht gerade eine glückliche
Figur gemacht. Jetzt haben SPD und CDU eine Findungskommission
eingerichtet. Wäre es nicht besser gewesen, in diese Kommission nicht
nur die beiden Koalitionäre, sondern alle Parteien einzubeziehen?
Elfi Scho-Antwerpes:
Also, erst einmal finde ich es hervorragend, dass wir eine
Findungskommission haben. Damit sich eine solch peinliche Situation
wie im vergangenen Frühjahr nicht wiederholt. Eine gute Voraussetzung
ist, dass dieses Gremium aus Kulturleuten besteht, die aus der ganzen
Republik kommen. Die Vorlage dieser Fachleute sollte von jenen
studiert werden, die in der Stadt das Sagen haben. Und die sollten
letzten Endes auch darüber entscheiden. Doch, das finde ich Ordnung
so.
Studieren und
entscheiden werden die beiden Koalitionäre, sagen Sie. Werden denn
SPD und CDU das Findungsergebnis dieser Fachleute respektieren, wird
diese Kommission tatsächlich das Gewicht haben, das ihr die Kölner
Koalition jetzt vollmundig zuschreibt?
Elfi Scho-Antwerpes:
Ja, ein sehr großes. Wir haben ausdrücklich Wert darauf gelegt, dass
diese Kommission einen sehr großen Stellenwert haben wird. Und dann
wird sich die Politik dem Vorschlag dieser Kommission kaum entziehen können.
Ich sehe dadurch gute Chancen, zu einem guten Ergebnis zu kommen und
die Kultur in dieser Stadt wieder gut zu besetzen. Da sind ja Dinge
seit Ewigkeiten überfällig, müssen dringend geregelt werden.
Wenn sich nun
aber die Kommission für eine Person entscheidet und die Politik will
dem partout nicht folgen. Was würde das für die Koalition bedeuten?
Elfi Scho-Antwerpes:
Das können wir uns schlicht nicht erlauben. Noch tiefer können wir
gar nicht mehr sinken. Wir brauchen in Köln einen Neuanfang für die
Kultur. Und dafür brauchen wir keine prominente, sondern zu allererst
eine qualitativ hochwertige Persönlichkeit im Amt des
Kulturdezernenten. Für ganz wesentlich halte ich im Übrigen die
Verknüpfung mit der Wirtschaft. Die hat ja in der Vergangenheit nicht
ausreichend stattgefunden am Beispiel der Raumsituation für Künstlerinnen
und Künstler. Jetzt sind wir da zum Glück auf einem guten Weg.
Eine letzte
Frage. Sie sind neu im Rat, neu im Job als Bürgermeisterin. Haben Sie
sich Ihre Aufgabe so vorgestellt oder bereuen Sie es schon, angetreten
zu sein?
Elfi Scho-Antwerpes:
Nee, ich bin mit Leib und Seele Bürgermeisterin.