Der
Kulturmanager Karl Heinz Pütz war das Enfant terrible in der
SPD-Ratsfraktion: ein linker Quereinsteiger mit eigenem Kopf und großer
Abneigung gegen provinziellen Mief. Jetzt hat er sein Mandat zurückgegeben.
Er hat keine Lust mehr auf den Wettbewerb "Unser Dorf soll schöner
werden".
Vor
zwei Jahren galten Sie noch als der Shootingstar der Kölner SPD.
Jetzt treten Sie von ihrem Ratsmandat zurück. Woran sind Sie
gescheitert?
Karl
Heinz Pütz: Von einem Scheitern im großen politischen Sinne will
ich nicht sprechen, weil ich mich nie so wichtig genommen habe, als
dass ich meine Arbeit für derartig entscheidend für die politische
Entwicklung in Köln gehalten hätte. Aber persönlich kann ich schon
von einem Scheitern sprechen: Das, was ich bewegen und erreichen
konnte, stimmte nicht mit dem überein, was ich mir vorher vorgestellt
hatte. Ich habe den Eindruck, dass ich an dem Platz, an dem ich bisher
war - im Rat und in einer Fraktion, die mehrheitlich nicht meine
Einschätzung teilt - ein großer Teil meiner Energie einfach verpufft
ist.
War
es Ihnen auf der Oppositionsbank zu unbequem?
Karl
Heinz Pütz: Eigentlich ist die Oppositionsbank ein recht schöner
Platz - wenn man sie auch wirklich als Oppositionsbank erlebt. Viel
schlimmer ist ja, wenn man das Gefühl hat, dem Mitspielen nicht
ausweichen zu können und meint, immer mitspielen zu müssen. Ich
glaube, dass wir klarer polarisieren müssten. Sonst sind für die
Menschen die Unterschiede nicht mehr erkennbar. Und die fragen sich
dann: Ist es nicht eigentlich egal, ob man CDU, SPD oder Grüne wählt?
Ich finde: Das ist eben nicht egal. Mir ist die Oppositionsrolle, die
die SPD im Rat spielt, in vielen Teilen noch nicht klar genug.
Wo
hätten Sie sich denn eine verstärkte Oppositionsarbeit der SPD gewünscht?
Karl
Heinz Pütz: Zum Beispiel in der Frage der Privatisierung, also im
Verschwinden des öffentlichen Sektors. Ich glaube, dass unser Protest
dagegen nicht laut genug war.
Sind
Sie an Ihrer eigenen Partei gescheitert?
Karl
Heinz Pütz: Nein, aber was stimmt: Der Prozess der Erneuerung der
SPD nach der verheerenden Wahlniederlage 1999 hat zwar - auch mit der
Wahl von Jochen Ott zum neuen Parteivorsitzenden - inzwischen
begonnen, aber er geht mir immer noch zu langsam. Ich glaube, dass der
Schnitt bisher nicht stark genug war - weder inhaltlich noch
personell.
Zu
Beginn Ihrer kurzen Ratskarriere haben Sie den SPD-Fraktionschef
Norbert Rüther als "Verkörperung des Systems Heugel"
bezeichnet und ihn als untauglich für die notwendige Erneuerung Ihrer
Partei bezeichnet. Rüther ist immer noch da, Sie gehen nun.
Frustriert Sie das nicht?
Karl
Heinz Pütz: Die Fraktionsarbeit unter Rüther ist professionell
und geprägt von gekonntem, handwerklich gutem Politikgeschäft. Was
ich jedoch vermisse, ist die Einsicht in die Reformnotwendigkeit der
Sozialdemokratie.
Ansonsten
haben Sie sich mit Rüther inzwischen arrangiert?
Karl
Heinz Pütz: Arrangiert nicht. Nach wie vor vertreten wir
inhaltlich unterschiedliche Auffassungen in der Frage, wie und wohin
sich die SPD in Köln entwickeln soll.
Ihre
Partei hat den Vorschlag Fritz Schrammas euphorisch begrüßt,
Schoko-König Hans Imhoff und Medienzar Alfred Neven DuMont die Ehrenbürgerschaft
zu verleihen. Entspricht das auch Ihrer Auffassung?
Karl
Heinz Pütz: Ich kann mich in dieser Frage der
SPD-Fraktionsmehrheit nicht anschließen und hätte im Rat dagegen
gestimmt. Das hat weniger mit den beiden Personen zu tun, die
vorgeschlagen sind, sondern mit dem System, wie diese Frage der Ehrenbürgerschaft
gestellt wird. Man kann nicht hingehen und Bürger für erfolgreiches
wirtschaftliches Handeln belohnen. So ein Unternehmer kann mit einem
Preis der IHK ausgezeichnet werden. Aber es ist nicht die Aufgabe des
Stadtrates und nicht die Aufgabe der Kölner Bürgerschaft, dieses zu
tun. Insofern sind also die Kriterien, nach denen hier vergeben wird,
falsch.
Was
kritisieren Sie noch an den Vorschlägen?
Karl
Heinz Pütz: Im Fall Alfred Neven DuMont ist zudem besonders
pikant, dass ein großer Teil der politischen Öffentlichkeit in Köln
auch nur über seine Medien statt findet. Das heißt: Da belobigt man
denjenigen, von dem man gleichzeitig auch die Belobigung seiner
politischen Arbeit erwartet. Im Fall von Hans Imhoff ist es so, dass
er eine große Konfliktfigur der 70er und 80er Jahre in Köln war -
sowohl was den Umgang mit seinen Arbeitnehmern anging wie auch durch
seine Immobilientätigkeit. Da gibt es zumindest ein stark gebrochenes
Verhältnis. Von der politischen Brisanz her würde ich sagen: Wenn
die Stadt Imhoff ehren will, dann müsste auf jeden Fall Kurt Holl mit
auf den Zettel. Das wäre ausgewogen.
Sie
treten also nicht ausgerechnet deshalb gerade jetzt zurück, um zu
vermeiden, im Stadtrat gegen die Ehrenbürgerschaften zu stimmen und
damit vor allem den Ärger Neven DuMonts auf sich zu ziehen?
Karl
Heinz Pütz: So ängstlich bin ich nicht. Ich vertraue einfach
darauf, dass ich mit meiner kritischen Haltung zu dem System, wie hier
Ehrenbürgerschaften vergeben werden, in dieser Stadt nicht alleine
stehe. Dass nur wenige die Möglichkeit haben, dieses laut zu sagen
und deren Kritik auch nur wenig Publizität finden dürfte, ist eine
ganz andere Frage. Ich persönlich freue mich darüber, die Unabhängigkeit
zu haben, mich dazu eindeutig äußern zu können. Was haben
diejenigen, die hier ausgezeichnet werden sollen, wirklich für diese
Stadtgesellschaft geleistet? Heinrich Böll war für mich zum Beispiel
ein ganz wichtiger Kölner Ehrenbürger. Der hat so viel über diese
Stadt und für diese Stadt gesagt und getan, dass das eine hohe
Identifikation bringt. Das kann bei einem Unternehmer nicht gelingen.
Das Problem ist doch: Dieser symbolische Akt der Verleihung der Ehrenbürgerschaft
an Neven DuMont und Imhoff fördert bei den Kölnern die Erkenntnis,
dass die Leistungsträger dieser Stadt in Politik, Wirtschaft und
Handel mal wieder etwas ausgeklüngelt haben.
Werden
Sie nach Ihrem Ratsausstieg weiter in der SPD aktiv sein?
Karl
Heinz Pütz: Ja - und ich will das auch mit meiner neu gewonnen
Freiheit tun. Ohne das Ratsmandat kann ich mich unabhängiger
innerhalb der Partei bewegen. Ich glaube, dass es bei Jochen Ott tatsächlich
ein Bemühen gibt, einen neuen Weg zu gehen. Dabei wird er Unterstützung
gebrauchen können.
Könnten
Sie sich vorstellen, irgendwann in die Politik zurückzukehren?
Karl
Heinz Pütz: Mal sehen. Doch dafür müsste ich für mich einen
wirklichen Gestaltungsraum erkennen. Unter anderen Voraussetzungen,
bei anderen Ratskonstellationen könnte das durchaus eine Option sein.
Was mir wichtig ist: Die Kölner Kommunalpolitik - und das schließt
alle Parteien ein - hat große Defizite in ihrem Metropolenverständnis.
Große Teile derer, die Verantwortung in der Stadt tragen, denken
immer noch zu provinziell. Köln will seine Metropolenrolle nicht
annehmen und ist viel zu sehr auf sich selbst fixiert. Dabei muss die
Stadt im Wettbewerb der europäischen Metropolen antreten. Mit Events
wie dem Rheinfeuerwerk und der Bierbörse bewerben wir uns eher in der
Liga "Unser Dorf soll schöner werden".
z
u r p e r s o n
Karl
Heinz Pütz
Als
Karl Heinz Pütz im Januar 1999 bekanntgab, für den Stadtrat zu
kandidieren, galt er noch als der "aufgehende Stern am Kölner
SPD-Himmel (Express). Kölns führende Boulevardzeitung schlagzeilte
damals: "Feten-König als SPD-Messias?" Und Pütz gab sich kämpferisch:
"Wenn ich in die Politik einsteige, dann nicht, um auf den
hinteren Bänken Platz zu nehmen." Die damalige Euphorie ist längst
verraucht: In der SPD-Fraktion blieb der Quereinsteiger ein Außenseiter.
Doch die Hinterbänklerrolle passte nicht auf den 1954 in der Nähe
von Köln geborenen Erfolgsverwöhnten. Mit 21 Jahren Szenewirt vom
"Chlodwig Eck", war der gelernte Textilkaufmann bereits mit
25 Jahren Besitzer des Luxor und Musikverleger. Er gründete und
organisierte das Ringfest, das größte Musikfest der Welt, und soll
inzwischen Millionär sein. CDU-Parteichef Richard Blömer bezeichnete
ihn deswegen einmal als "sozialistischen Gewinnmaximierer" -
für Pütz ein "Ehrentitel". Schließlich sage er doch aus,
dass Sozialisten auch geschäftstüchtig sein können. Doch Karl Heinz
Pütz ist mehr: Er ist auch Mitbegründer der Künstlerinitiative
"Arsch huh", immer noch deren Sprecher, und war
Mitveranstalter der großen Demonstration gegen rechts im Dezember
vergangenen Jahres. |