26.08.1999



Interview mit Anne Lütkes

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taz

*   Frau Lütkes, wie steht's um Ihre Aktien?
Von Pascal Beucker

Die Oberbürgermeisterkandidatin der Kölner Grünen zur Heugel-Affäre.

Frau Lütkes, wieviel Gewinn haben Sie mit ihren Felten & Guilleaume-Aktien gemacht?

Anne Lütkes: Ach, ich habe gar keine!

Wie? Sie haben keine?

Anne Lütkes: Ich bin da wohl falsch beraten worden.

Können Sie nicht so gut wie Herr Heugel zwischen Ihrer Dienst- und Privatsphäre unterscheiden? Oder fehlt Ihnen einfach das richtige Insiderwissen?

Anne Lütkes: Beides.

Finden Sie es denn nicht faszinierend, wie akkurat Heugel zwischen sich als "Privatmann" und sich als "Dienstmann" zu unterscheiden vermag?

Anne Lütkes: Er leidet da wohl an einer Bewußtseinsspaltung.

Könnte denn die Affäre um die Felten & Guilleaume-Aktien nicht auch ein geschicktes Wahlkampfmanöver der SPD sein? Ihr SPD-Gegenkandidat hat doch dadurch seine Geschäftstüchtigkeit eindrucksvoll bewiesen. Ist das nicht eine wichtige Qualifikation für das Oberbürgermeisteramt gerade in Köln?

Anne Lütkes: Die Frage der wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinden ist ja in Nordrhein-Westfalen sehr umstritten. Wir Kölner Grünen meinen, daß die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden etwas Positives für das Gemeinwohl ist. Aber Herr Heugel hat ja sehr deutlich gemacht, daß sein Handeln nicht dem Interesse der Stadt diente, sondern seinem persönlichen, indem er sein Privatvermögen vermehrte. Insofern dient das nicht dem wirtschaftlichen Wohl der Gemeinde. Der Mann hat der Stadt damit keinen guten Dienst erwiesen.

Aber weist ihn diese Affäre nicht zumindest als perfekten Kenner des Kölschen Klüngels aus?

Anne Lütkes: Offenbar funktionierte der Klüngel doch nicht so, wie er es sich gedacht hatte. Denn irgendwer aus diesem Kontext muß wohl geplaudert haben. Sonst wäre die Geschichte ja gar nicht an die Öffentlichkeit gekommen.

Sie können sich freuen. Ihre Aktien dürften jetzt steigen.

Anne Lütkes: Ich werde nach wie vor meine Positionen klar vertreten. Die Geschichte ist für meine Wahlchancen natürlich sehr gut. Aber für die politische Moral ist das ein Unding. Schadenfreude ist daher nicht angesagt. Und lustig finde ich das auch nicht.

Sie kennen Ihren Ratskollegen Heugel doch schon sehr lang. Hatten Sie etwas anderes von ihm erwartet?

Anne Lütkes: Die Verwendung von Primärinsiderwissen ist eigentlich derartig unmoralisch, daß ich ein solches Verhalten von Herrn Heugel nicht erwartet habe. Nun zählt es hoffentlich nicht länger zum Insiderwissen, daß unsere Kritik am Kölschen Klüngel mehr als gerechtfertigt ist und daß sich da einiges ändern muß.

Herr Heugel lag in manchen Umfragen sehr knapp vor dem CDU-Kandidaten Harry Blum, in manchen sogar gleichauf ...

Anne Lütkes: Nach der neuesten Umfrage liegen die beiden bei jeweils fünfundzwanzig Prozent, ich bei fünfzehn.

... nun wird Herr Heugel womöglich zum Outsider, und Sie haben ungeahnte Chancen in die Stichwahl gegen Blum zu kommen ...

Anne Lütkes: Das wäre doch klasse!

Was meinen Sie, wie sich die KölnSPD dann verhalten wird? Wird sie dann so reumütig sein und Sie unterstützen?

Anne Lütkes: Die SPD hat dann ein Problem. Eigentlich hat sie es jetzt schon. Die SPD muß sich klar äußern. Ob sie das schafft, wage ich zu bezweifeln. Dafür kenne ich sie zu lange.


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