11.05.2000



Interview mit Jörg Frank

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*   "Wir Kölner sind wesentlich bissiger"
Von Pascal Beucker

In der Kölner Innenstadt könnte der 44-jährige Jörg Frank bei der Landtagswahl am Sonntag für eine Sensation sorgen. Der Grüne hat die Chance, erstmalig für seine Partei ein Direktmandat zu gewinnen.

Jörg FrankNirgendwo in NRW ist der Kampf um das Direktmandat so spannend wie im Wahlkreis 15, Köln I, Innenstadt. Gleich drei Kandidaten liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Als Favorit gilt der SPD-Ratfraktionschef Norbert Rüther. Doch sowohl dem Grünen Jörg Frank, als auch Antonius Poggel (CDU) werden Chancen eingeräumt, Rüther zu schlagen. Bei der letzten Landtagswahl 1995 holte Rüther-Freund Klaus Heugel den Wahlkreis mit 38,2 Prozent für die SPD. Die Grünen landeten auf Platz zwei mit 28,1 Prozent, vor der CDU mit 26,2. Neben Rüther, Frank und Poggel treten noch acht weitere Kandidaten in der Innenstadt an, darunter mit Dieter Asselhoven (Ökologische Linke) und Sengül Senol zwei ehemalige grüne Ratsabgeordnete. Senol sitzt heute für die PDS im Stadtrat. Ansonsten am Start: Hans-Hermann Stein (FDP), Johann Weiß (Republikaner), Christian Heinrici (Humanistische Partei), Gertrud Wallus (Mittelstandspartei), Anne Rhea Werner (MLPD) und Werner Peters (Partei der Nichtwähler). Der 1955 geborene SAP-Organisator Jörg Frank ist stellvertretender Vorsitzender der grünen Ratsfraktion.

Was machen Sie nach dem 14. Mai?

Jörg Frank: Da hoffe ich, mich dann im Landtag für grüne Politik einsetzen zu können.

Ihre einzige Hoffnung in den Landtag einzuziehen, ist allerdings der Gewinn des Direktmandats in der Kölner Innenstadt. Auf der grünen Landesliste stehen sie abgeschlagen auf dem aussichtslosen Platz 38. Warum sollen die Kölner Bürger Sie wählen, wenn schon die eigene Partei Sie offenbar nicht im Landtag sehen will?

Jörg Frank: Gerade deswegen. Ich denke, dass die Kölnerinnen und Kölner, die sich für grüne Politik interessieren, zwischen grüner Politik in Köln und grüner Politik in NRW deutlich unterscheiden können. Ich behaupte, dass wir Kölner in einer Reihe von Fragen wesentlich bissiger sind. Das gilt zum Beispiel für die Erkämpfung von Nachtflugbeschränkungen. Aber ich denke auch, dass es notwendig ist, eine grüne Lobby für Köln in Düsseldorf zu haben. Zum Beispiel, wenn es um Städtebauförderung geht, um den Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs und um eine bessere Gemeindefinanzierung.

Ihre Partei hat an die grünen Kandidaten ein 14-seitiges Regiepapier „als Linienführung für Interviews“ ausgeteilt, um „ein Maximum an Gemeinsamkeit des öffentlichen Auftritts sicherzustellen“. Darin werden Ihnen Sprachregelungen vorgegeben. Was dürfen Sie der taz alles nicht sagen?

Jörg Frank: Mir ist ein solches Papier nicht bekannt. Ich handele auf der Basis der politischen Praxis der Grünen in Köln. Damit sind wir ja durchaus erfolgreich. Sie haben das Papier nicht bekommen? Könnte es sein, dass die Landesgrünen es für einfach aussichtslos halten, Sie an Sprachregelungen zu binden? Die wissen, dass ich dafür wenig Verwendung hätte. Aber wenn ich so etwas bekommen hätte, würde ich trotzdem immer noch das sagen, was ich für richtig halte. Und nicht, was mir andere vorschreiben wollen.

Den Stadthaushalt haben die Kölner Grünen mit der CDU und der FDP zusammen verabschiedet. Könnte diese Ampel-Liaison nicht auch ein Beispiel fürs Land sein? Machtverliebt und selbstherrlich sind die Genossen dort nicht weniger als hier.

Jörg Frank: Eine SPD, die über Jahrzehnte an der Macht ist, davon lange Zeit mit absoluter Mehrheit, ist natürlich verbraucht. Das ist ja eine Ursache für die Dauerkonflikte mit den Grünen in der letzten Legislaturperiode. Es ist aber auch so, dass die CDU unter der Führung von Jürgen Rüttgers keine ernstzunehmende Alternative darstellt. Da sind die Gemeinsamkeiten der CDU mit den Grünen doch marginal. Insbesondere die „Kinder statt Inder“-Kampagne hat gezeigt, dass Rüttgers eher auf Rechtspopulismus setzt. Das ist mit uns nicht zu machen.

In Köln mit der CDU, in Düsseldorf mit der SPD? Wie passt das zusammen?

Jörg Frank: Der Hauptgrundsatz grüner Politik sollte sein: Sofern eine Regierungsbeteiligung möglich ist, sollte sie mit dem Partnern eingegangen werden, mit denen ein Maximum an grünen Inhalten durchgesetzt werden kann. Das ist für mich immer noch der beste Maßstab, zumal die Differenzen zwischen CDU und SPD in vielen Bereichen nicht besonders groß sind. Daher kann es keine allgemeingültigen Antworten und Festlegungen geben.

Was werden Sie machen, wenn es mit dem Landtagsmandat nichts wird?

Jörg Frank: Dann mache ich weiter Politik in Köln. Aber ich werde mich allerdings so oder so auch künftig auf Landesebene zu Wort melden. Das gehört für mich zusammen. Doch zunächst werden wir am Sonntagabend trotzdem heftig einen zur Brust nehmen. Der Wahlkampf war stressig. Dass er am 14. Mai vorbei sein wird, ist auf jeden Fall ein Grund zum Feiern.


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