![]() 21.08.2013 |
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Von Pascal Beucker |
HAUSBESETZER
Die Räumung des Autonomen Zentrums in Köln-Kalk ist abgewendet.
Dafür müssen die AktivistInnen aber umziehen – gleich zweimal. Statt der angedrohten Räumung gibt es einen
Umzug: Das Autonome Zentrum (AZ) in Köln bleibt - aber nicht an
seinem bisherigen Platz. Darauf haben sich jetzt die
BesetzerInnen mit der rot-grünen Stadtregierung geeinigt. Damit
endet nach schwierigen Verhandlungen ein Konflikt, der das Klima
in der Rheinmetropole zu vergiften drohte, und zwar mit einer
kaum mehr erwarteten einvernehmlichen Lösung. Bis kommenden
Dienstag haben die AZ-AktivistInnen Zeit, in ihr vorläufig neues
Domizil zu wechseln. Seit mehr als drei Jahren sorgt das AZ für
heftige Diskussionen. Mitte April 2010 besetzten überwiegend
jugendliche AktivistInnen aus dem autonomen Spektrum die
ehemalige Betriebskantine der Firma Klöckner-Humboldt-Deutz
(KHD) im Kölner Stadtteil Kalk. In dem zweigeschossigen Gebäude
auf der Wiersbergstraße, das eine Immobilientochter der
Sparkasse KölnBonn jahrelang leer vor sich hin gammeln ließ,
erfüllten sie sich ihre Vorstellungen von einem "selbst
verwalteten, unkommerziellen Raum für Politik, Kunst und
Kultur". Zum 30. Juni kündigte die Sparkasse jedoch den im
Frühjahr 2011 nach zähem Ringen abgeschlossenen Nutzungsvertrag. Alle Zeichen standen seitdem auf Eskalation.
Die Stadt, der die Immobilie inzwischen gehört, beharrte auf dem
bedingungslosen Auszug. Sie will auf dem Gelände Schulcontainer
aufstellen und später einen Grünstreifen errichten. Die
BesetzerInnen wollten ihr Zentrum nicht freiwillig aufgeben.
Eine Verständigung schien unmöglich, da die in Köln regierende
SPD sich auch nicht von ihrem grünen Koalitionspartner von ihrem
harten Kurs abbringen lassen wollte. Der Countdown für die
polizeiliche Räumung lief. Dass es jetzt anders kommt, ist das
Verdienst des Kölner IG-Metall-Chef Witich Roßmann. Erfolgreich
bemühte er sich, als Moderator hinter den Kulissen die
verhärteten Fronten aufzubrechen. So gelang es dem Gewerkschafter, dass die AZ-AktivistInnen nach langen internen Diskussionen eine öffentliche Gewaltverzichtserklärung abgaben, die SPD und Stadt zur Voraussetzung für Gespräche erklärt hatten. Auf der anderen Seite konnte er die Verwaltung dazu bewegen, ernsthaft nach räumlichen Alternativen zu suchen. Nun wird das AZ vom Rechts- ins
Linksrheinische umziehen. Gefunden wurden zwei Gebäude, die
schon seit einiger Zeit leer stehen und die "aufgrund ihres
baulichen Zustands für die Stadt Köln weder nutzbar noch
aufgrund ihres geplanten Abrisses befristet vermarktungsfähig"
sind, wie es in einer städtischen Stellungnahme heißt. Zunächst geht es in das frühere Domizil der
städtischen Lebensmittelüberwachung auf dem Eifelwall. Der am
Montag unterschriebene Nutzungsvertrag ist befristet bis zum 31.
Dezember 2014. Danach soll auf dem Gelände das neue Kölner
Stadtarchiv gebaut werden. Für das AZ steht dann - ebenfalls
mietfrei und zeitlich begrenzt - ein 220 Meter entferntes Haus
auf der Luxemburger Straße zur Verfügung. Das frühere
Kanalbauamt soll Anfang 2019 einem Grüngürtel weichen. Wie es
danach weitergeht, ist ungewiss. "Offensichtlich wurden der SPD die Konsequenzen einer Räumung bewusst und sie gab ihre Verweigerungshaltung auf", begrüßten die AZ-AktivistInnen den Kompromiss: "Wichtig ist nicht in erster Linie das Gebäude, sondern es sind die Menschen, die es gestalten und mit Inhalten füllen." Mit der Einigung hätten alle Beteiligten "unter Beweis gestellt, dass auch unter schwierigen und fast unvereinbar erscheinenden Ausgangsbedingungen eine gewaltfreie Lösung möglich ist", sagte Unterhändler Roßmann. |
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