01.03.2009

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Welt am Sonntag

  Warum Paare Vorhängeschlösser an eine Kölner Brücke hängen
Von Pascal Beucker 

Ein romantischer Brauch aus Italien erobert NRW.

"Liebesschlösser" in Köln ("Lucchetti d'amore")Ein kurioser neuer Brauch ist dabei, sich im Rheinland zu etablieren. Ob Steffi und Holger, Silke und Thomas oder Sibel und Yüksel - die drei Pärchen haben eines gemeinsam: Sie haben ein Vorhängeschloss auf der Kölner Hohenzollernbrücke angebracht. Anschließend warfen sie den Schlüssel zum Schloss in den Rhein. Als Zeichen ihrer Liebe. Ewig wird sie halten, hoffen sie.

Und zahlreiche andere jugendliche Verliebte haben es ihnen gleichgetan. Über 300 solcher "Liebesschlösser" zieren mittlerweile das Sicherheitsgitter, das den Fußweg von den Eisenbahngleisen trennt. Sie sind mit Vornamen oder Initialen versehen, häufig auch mit einem Datum. Auf dem einen oder anderen Riegel findet sich sogar ein Spruch. "Drei mal um die Sonne & fünf mal um den Mond", hat sich ein Liebespaar zum Beispiel in sein Schloss eingravieren lassen.

Inzwischen beschäftigt sich auch das in Bonn ansässige Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) mit dem Phänomen. "Die ersten Hinweise auf die Liebesschlösser auf der Hohenzollernbrücke haben uns im Spätsommer 2008 erreicht", sagt Dagmar Hänel, 39, Leiterin der Abteilung Volkskunde. "Damals hingen da gerade mal eine Handvoll Schlösser." Seitdem finden sich von Tag zu Tag mehr Schlösser auf der klassizistisch-monumentalen Eisenbahnbrücke, die den rechtsrheinischen Stadtteil Deutz mit dem Kölner Hauptbahnhof auf dem linken Rheinufer verbindet.

Woher das romantische Ritual ursprünglich stammt, weiß bislang niemand. Hänel und ihr Team haben deswegen eine Erhebung gestartet, um dem Geheimnis auf die Spur zu kommen.

Sie gehen davon aus, dass es sich um eine jüngere Erscheinung handelt: "Die Liebesschlösser etablieren sich erst im späten 20. Jahrhundert", sagt Hänel. In der Bundesrepublik sind sie bisher außer in Köln nur noch auf einer Brücke über die Alte Jeetzel im niedersächsischen Hitzacker zu finden. Sie tauchten an verschiedenen "Orten des Übergangs" auf, überwiegend an Brücken, würden regional leicht variiert und schnell populär, sagt die Forscherin.

Vieles spricht dafür, dass der Kult aus Italien nach Köln exportiert wurde. "Lucchetti d'amore" werden die Liebesschlösser dort genannt. In diversen Städten Italiens lassen sie sich finden. Der vermutete Ausgangspunkt ist Florenz, aber auch in Rom wurden Brücken damit geschmückt.

In Köln ist die Freude über die Liebesschlösser nicht ungeteilt. Die Deutsche Bahn, Eigentümerin der Anfang des vorigen Jahrhunderts erbauten Hohenzollernbrücke, zeigte sich zunächst gänzlich unromantisch. "Das ist wie mit Graffitis oder Scratching", polterte sie noch im Januar und kündigte die Entfernung per Seitenschneider an.

Der Protest über diese Herzlosigkeit war groß. Inzwischen hat sich der mit einem Imageproblem zu kämpfende Konzern eines Besseren besonnen. Die Schlösser sollen vorerst geduldet werden. "Sie bleiben hängen, solange die Verkehrssicherheit nicht gefährdet ist", verkündete ein Bahnsprecher.

Volkskundlerin Hänel freut sich darüber. Die Liebesschlösser seien ein "schönes Symbol", sagt sie. Sie dokumentierten ein Paradox: Das Bedürfnis junger Menschen nach der Dauerhaftigkeit einer naturgemäß fragilen, zeitlich begrenzten Beziehung. Denn: "Die erste Liebe ist nur selten die letzte Liebe."

Auf jeden Fall dient der neue Brauch der Wirtschaftsförderung: Bei der Wahl ihrer Schlösser greifen die Liebenden bevorzugt auf das Angebot eines Familienunternehmens aus dem süd-östlichen Ruhrgebiet zurück.


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