Ein Künstler auf Abwegen: 65-jähriger
Kölner fälschte im ganz großen Stil US-Dollar. Sechs Jahre Haft.
Man kennt ihn in Köln als den "kölschen
Warhol": Grell-poppige Siebdruck-Grafiken vom Dom - das sind
eigentlich Hans-Jürgen Kuhls Markenzeichen. Der 65-Jährige versteht
was vom Drucken, kein Zweifel. Auch Karl-Heinz Schumacher lässt
seiner Anerkennung freien Lauf. Der Vorsitzende Richter der 1.
Strafkammer des Landgerichts Köln nennt Kuhl einen
"außerordentlichen Grafiker". Und die Staatsanwaltschaft bescheinigt
dem Angeklagten, dass dessen "Werk" von "außerordentlicher Qualität"
gewesen sei. Toll gemacht also, aber: verboten, streng verboten.
So kassiert Kuhl gestern sechs Jahre
Haft - und hat damit wohl noch Glück gehabt. In seinem Atelier hatte
der Kölner Künstler, früher lange Jahre auch als Modemacher tätig,
im ganz großen Stil Falschgeld gedruckt. 16,5 Millionen gefälschte
Dollar - die waren sein "Werk". Der größte Falschgeldfund in der
deutschen Kriminalgeschichte, weltweit nur ein einziges Mal in den
USA übertroffen. Kuhl sieht traurig aus nach der Verhandlung
gestern.
Schon einmal als
Fälscher verurteilt
Sie ist nach nur einem Prozesstag
beendet, atemberaubend fix für so einen spektakulären Fall. Kuhl hat
mit einem umfassenden Geständnis reinen Tisch gemacht. Eine "massive
finanzielle Schieflage" gab der gelernte Foto-Film-Kaufmann vor
Gericht als Motiv für die Umwandlung seiner Kunst- in eine
Fälscherwerkstatt an.
Gegen mehrere Personen wird zurzeit
noch ermittelt. Der mutmaßliche Anstifter, ein Kosovo-Albaner,
befindet sich weiter auf der Flucht. Kuhl versicherte gestern, er
habe sich durchaus "etwas geschmeichelt" gefühlt, dass man ihm
seinerzeit die Herstellung der Blüten zugetraut habe. Ja,
möglicherweise habe "auch etwas künstlerischer Ehrgeiz" eine Rolle
gespielt. Und tatsächlich hatte der Kölner auch schon einige
Erfahrung in dem Metier. Bereits Ende der 1990er Jahre hatte Kuhl
sich in der Herstellung von Blüten geübt. 4,5 Millionen Dollar
produzierte er damals - und wurde erwischt, weil er und seine
damaligen Komplizen auf einen V-Mann reingefallen waren. Das Urteil
damals: anderthalb Jahre auf Bewährung.
Diesmal wurden ihm, der ursprünglich
einmal Kameramann werden wollte, bereits entsorgte Fehldrucke zum
Verhängnis. Die missratenen Scheine wanderten - geschreddert - auf
eine Kölner Mülldeponie. Dumm nur, dass dort ein Baggerfahrer aus
einem Sack Falsch-Dollar-Fetzen rieseln sah und die Polizei
alarmierte. Die fand noch mehr solcher Säcke - und in einem zudem
auch noch einen Papierstreifen mit der Adresse Kuhls. "Das fällt
wohl unter die Kategorie 'dummgelaufen'", kommentierte Richter
Schumacher süffisant das "Missgeschick".
Nach dem Fund nahm die Kölner
Staatsanwaltschaft die Ermittlungen auf, ließ Kuhl und andere
Verdächtige überwachen. Schließlich setzte das Bundeskriminalamt
eine verdeckte Ermittlerin auf den Fälschungsvirtuosen an, die
vorgab 6,5 Millionen gefälschte Dollar von ihm kaufen zu wollen. Als
am 22. Mai dieses Jahres die Übergabe stattfinden sollte, griffen
Spezialkräfte der Polizei zu und erwischten Kuhl auf frischer Tat.
Seitdem saß er in Untersuchungshaft.
Die hohe Qualität der Dollarblüten
liess seinerzeit sogar die eigens herbeigerufenen Gutachter des
amerikanischen Geheimdienstes staunen. "Insofern muss man Ihnen
schon ein Kompliment machen", räumte gestern Oberstaatsanwalt Egbert
Bülles in seinem Plädoyer ein.
"Sie sind doch ein
intelligenter Mann"
Allerdings, so Bülles weiter, sei es
eine Schande, was Kuhl "bei Ihren Kenntnissen und Fähigkeiten" aus
seinem Leben in den vergangenen zehn Jahren gemacht habe. "Sie sind
doch ein intelligenter Mann", hielt der Oberstaatsanwalt ihm vor -
und bekommt ein müdes Kopfschütteln von Kuhl als Antwort: "Säße ich
dann hier?"
Mit sechs Jahren Haft sei das Urteil
sei "an der unteren Grenze des Vertretbaren", stellte Richter
Schumacher fest. Neben dem abgelegten Geständnis wertete das Gericht
insbesondere das hohe Alter und den schlechten Gesundheitszustand
Kuhls als strafmildernd. Ein 69-jähriger Mitbeschuldigter erhielt
wegen Beihilfe eine Strafe von drei Jahren Gefängnis. Beide sollen
nach dem Willen des Gerichts die Haft im offenen Vollzug verbringen.
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