Kölns
Polizeipräsident löst eine Nazi-Demo wegen "inhaltlicher Bezüge
zur Reichspogromnacht" bereits nach wenigen Minuten auf. Den
selbst ernannten "Gauleiter Rheinland", Axel Reitz, erwartet
wohl ein weiteres Ermittlungsverfahren.
Über eine Stunde in
einem kalten Bahnhofsgebäude warten, um dann gerade mal fünf Minuten
"demonstrieren" zu können? Das hatte sich das Häuflein
Neonazis, das sich am Samstag Mittag auf dem Bahnhof West gegenüber
dem Kölner DGB-Haus versammelt hatte, anders vorgestellt. Statt wie
geplant mehrere Stunden lang durch die Kölner Innenstadt zu
marschieren, schafften sie es gerade mal bis zum Bahnhofsvorplatz.
Denn bereits nach der
ersten Rede eines "Kameraden" aus dem Ruhrgebiet auf der
dortigen Auftaktkundgebung war Schluss mit lustig. Die Polizei erklärte
die Versammlung kurzerhand für aufgelöst. Entgegen den Auflagen sei
es in dem Redebeitrag "inhaltlich zur Verherrlichung von
NS-Verbrechen" gekommen, so die Begründung: "Es lagen
inhaltliche Bezüge zur Reichspogromnacht vor." Dumm gelaufen.
Dabei hatten die gut 40
Rechtsextremisten aus der Szene der "freien Kameradschaften"
um den einschlägig bekannten Axel Reitz mal wieder besonders
trickreich sein wollen. "Freiheit ist immer die Freiheit des
Andersdenkenden!" - ausgerechnet ein Zitat Rosa Luxemburgs hatte
sich Reitz als Losung erwählt. Mit dem Umzug hatte sich der selbst
ernannte "Gauleiter Rheinland" vom "Kampfbund Deutscher
Sozialisten" für ein Demonstrationsverbot zehn Tage zuvor
"revanchieren" wollen.
Denn schon am 9.
November, dem Jahrestag der Reichspogromnacht, hatten Reitz und seine
braunen Gesellen durch Köln krakeelen und dabei auch noch eine
Zwischenkundgebung ausgerechnet vor der Kölner Synagoge abhalten
wollen. Aber der Kölner Polizeipräsident Klaus Steffenhagen machte
ihnen einen Strich durch die Rechnung und untersagte den unter dem
obszönen Motto "Gegen einseitige Vergangenheitsbewältigung!"
angekündigten Fackelmarsch. Das Verwaltungsgericht Köln bestätigte
das Verbot. Zu Recht sehe das Polizeipräsidium die unmittelbare
Gefahr, dass Reitz bei Durchführung der Demonstration Straftaten
begehe, befanden die Richter. Zur Begründung gaben sie unter anderem
an, "dass bei der im vorigen Jahr in Leverkusen von demselben
Veranstalter unter demselben Motto durchgeführten Demonstration in
aggressiver Weise rechtsradikale Parolen skandiert, Kennzeichen
verfassungswidriger Organisationen verwendet worden seien und eine
Verherrlichung und Verharmlosung des Nationalsozialismus
stattgefunden" habe.
Diesmal allerdings
hatte Steffenhagen im Vorfeld keine rechtliche Möglichkeit gesehen,
den rechten Spuk zu unterbinden. Dafür erließ er einen umfangreichen
Auflagenkatalog, bei dessen Verlesung sich Reitz am Samstag durch
mehrere Seiten kämpfen musste. Und persönlich vor Ort ergriff der
Polizeipräsident zur Freude der rund 400 antifaschistischen
Gegendemonstranten dann die erste Gelegenheit, dem Treiben ein
vorzeitiges Ende zu bereiten. Lakonisch heißt es dazu im
Polizeibericht: "Gegen 14.00 Uhr verließen die
Demonstrationsteilnehmer ,Rechts' unter polizeilicher Begleitung den
Einsatzraum."
So machte sich Axel
Reitz wutentbrannt von dannen. Er kann sich auf sein nächstes
Ermittlungsverfahren gefasst machen. Erst im September war der
mehrfach vorbestrafte Anfangzwanzigjährige vom Landgericht Bochum
wegen Volksverhetzung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden.