Express-Herausgeber und -Verleger entschuldigt sich im
Express für die Berichterstattung über die Kölner "Klau-Kids". Das "unbedachte Auftreten" des Boulevardblattes erfülle ihn mit "Trauer". Vorerst keine personellen Konsequenzen.
Genau zehn Jahre nach der Gründung der "AG Arsch huh" gegen Rassismus fand der Autor deutliche Worte: Das "unbedachte Auftreten des
Express in Sachen Roma-Kinder zeigt, dass wir aufmerksam bleiben müssen." Die "ungewöhnliche und reißerische Gestaltung", mit der das Kölner Boulevardblatt am 22. August über die "Klau-Kids von Köln" berichtet hatte, könne "den Eindruck einer pauschalen Anklage von allen Roma-Kindern erwecken, vielleicht bei Einzelnen - was sicherlich nicht gewollt war - des ganzen Roma-Volkes." Der Vorgang erfülle ihn "mit Trauer".
Der Autor hat allen Grund zur Betroffenheit: Denn die steckbriefähnliche Veröffentlichung von insgesamt 53 Fotos von Roma-Jugendlichen fand in seiner Zeitung statt. Am vergangenen Montag entschuldigte sich der
Express-Verleger und -Herausgeber Alfred Neven DuMont für diese Entgleisung. Er wolle "auch im Namen seiner Frau und seines Hauses bei dem Volk der Roma, das wundervolle Menschen hervorgebracht hat, und allen, die sich von der Art der Veröffentlichung getroffen gefühlt haben, sein Bedauern zum Ausdruck bringen", schrieb Neven DuMont in einem sechsspaltigen Aufsatz auf Seite 2 des
Express.
Nun hat Hans-Peter Buschheuer ein Problem. Denn bis zum Machtwort Neven DuMonts hatte der
Express-Chefredakteur sich kritikresistent gezeigt und die Proteste von Rom e.V., Kölner Flüchtlingsrat, Diakonie, Kölner Appell und dem Runden Tisch für Ausländerfreundlichkeit lächelnd beiseite geschoben. "Wir glauben an die abschreckende Wirkung einer solchen Veröffentlichung", so Buschheuer. Wenn durch den Bericht "auch nur ein Dutzend Menschen weniger überfallen, ausgeraubt und verletzt worden sind, dann hat sich der Aufwand schon gelohnt." Er könne daher die Aufregung über die Artikel-Kampagne gegen die so genannten "Klau-Kids" "nicht nachvollziehen", teilte Buschheuer fahrig auf Anfrage mit und verwies stolz auf "Hunderte von zustimmenden Leserbriefen, Anrufen, E-Mails und Faxen".
Den Vorwurf, rassistische Ressentiments zu bedienen, wies der frühere Chef vom Dienst bei Springers Berliner
B.Z. mit dem Hinweis zurück, den Begriff Roma nicht ins Blatt genommen zu haben - stattdessen war dort von "organisierten Taschendiebstahl-Banden vom Balkan" die Rede, die "von Bosnien, Serbien und Rumänien nach Köln" strömten. "Den Zusammenhang mit Roma stellen Sie her, nicht wir", beschied Buschheuer patzig.
Da ahnte der erst seit rund einem Jahr amtierende
Express-Chefredakteur allerdings noch nicht, dass auch sein Chef diese Verbindung herstellen würde. Nun wird er sich wohl korrigieren müssen. Kenner der Amsterdamer Straße spekulieren bereits, Buschheuer könnte demnächst viel Zeit haben, über Zusammenhänge nachzudenken.
Von Alfred Neven DuMonts Sohn Konstantin, verantwortlicher
Express-Mitherausgeber, ist allerdings zu hören, auch er sei zwar verärgert über den Fauxpas der Redaktion, es werde jedoch vorerst keine personellen Konsequenzen geben. Buschheuer bekommt also wohl noch einmal Bewährung.
Dafür wird die Express-Berichterstattung auf jeden Fall andere Konsequenzen haben: Mehrere Kölnerinnen und Kölner haben Strafanzeige wegen "Volksverhetzung" gestellt, eine öffentliche Rüge des Deutschen Presserates wegen Verstoßes gegen den Pressekodex gilt als sicher und die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Unbekannt wegen Verrats von Dienstgeheimnissen, weil die abgedruckten Jugendlichen-Fotos aus dem internen "Bundeskriminalblatt" des Bundeskriminalamtes stammten.
Den Protesten gegen die "Klau Kids"-Berichte haben sich inzwischen auch die Grünen angeschlossen, deren bayrischer Landespressesprecher pikanterweise Buschheuer noch vor einigen Jahren war. Die
Express-Kampagne offenbare "eine Geisteshaltung, die ansonsten in rechtspopulistischen und rassistischen Publikationen zu finden ist", so der grüne Ratsfraktionsvize Jörg Frank. Solche Berichte "angeblich liberaler Massenblätter" erzeugten "erheblichen gesellschaftspolitischen Schaden" und seien nicht hinnehmbar.
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