Weil dem Kölner
Verleger Alfred Neven DuMont die politische Richtung seines Kölner
Express nicht gefiel, hat er einen Brief an die Blattmacher
geschrieben. Sie sollten sich wieder mit der "grundsätzlichen
Haltung unseres Hauses" identifizieren.
Alfred Neven DuMont ist
ein mächtiger Mann. An den Zeitungen, über die er gebietet, kommt in
Köln keiner vorbei - die einzige lokale Alternative ist die Bild-Zeitung
(und einmal wöchentlich die taz köln). Und natürlich hält sich der
Kölner Ehrenbürger nicht nur für einen guten Geschäftsmann,
sondern für einen großen Publizisten. Wenn man den 75-Jährigen
fragen dürfte, worin er den signifikanten Unterschied zu Rudolf
Augstein sieht, seine Antwort wäre wohl: Ich lebe noch.
So war es auch kein
Wunder, dass sich zum Festakt anlässlich des 200-jährigen Jubiläums
seines Verlags M. DuMont Schauberg im Sommer das Whos who der
deutschen Politik die Ehre gab - angeführt von Bundespräsident und
-kanzler. Er habe "sehr persönliche Beziehungen" zum
Verlagshaus und speziell zu dessen Boulevardtitel Express,
betonte Gerhard Schröder.
Macht
und Missbrauch
Besonders lobte der
Kanzler die Fairness der DuMont-Blätter, zu denen auch die Kölnische
Rundschau und die Mitteldeutsche Zeitung in Halle gehören.
Neven DuMont verstehe es, sich "im Spannungsfeld zwischen
Pressemacht und -missbrauch zu bewegen", urteilte einmal sein
publizistisches Flaggschiff, der Kölner Stadt-Anzeiger.
Was darunter zu
verstehen ist, durfte am Tag nach der Bundestagswahl die Chefredaktion
des Express erleben. Denn an die schrieb der
Domstadt-Citizen-Kane, zu dessen vielen verliehenen Titeln auch der
des Ehrenbrandmeisters der Freiwilligen Feuerwehr von Stommeln gehört,
einen Brandbrief: "Die 'Jubelnummer' des heutigen Tages über den
Ausgang der Wahlen kann ich in keiner Weise nachvollziehen",
teilte der Herausgeber mit dem "durchaus aristokratisches
Flair" (Stadt-Anzeiger) seinen Untergebenen mit.
Erzürnt hatte den
alten Herrn die Express-Titelseite mit der Headline "Gerd
im Glück" und einem Bild des strahlenden Kanzlers. Doch nicht
nur das: "Auf Seite 3 abermals Herr Schröder in Siegerpose, auf
Seite 4 mit einem lustig kniependen Auge."
Ungeheuerlich, denn:
"In Wahrheit ist die SPD einer der Stimmenverlierer dieser Wahl."
Im Kontrast dazu der Herausforderer: "Stoiber, dessen CDU/CSU
erhebliche Gewinne zu verzeichnen hat, wird auf den Seiten 3 und 5
mehr oder weniger zum Witzmännchen degradiert." Und dann auch
noch die Auswahl der zum Wahlausgang befragten Leser: "ebenso
einseitig rot, aber insbesondere grün dominiert".
Die Ausrichtung der
Ausgabe, schrieb Neven DuMont den Blattmachern, "identifiziert
sich stark mit Rot/Grün, so dass sie nicht nur einen Teil unserer
Leser befremdet, sondern sich auch von der grundsätzlichen Haltung
unseres Hauses entfernt". Und die sei "liberal".
Damit über seine
Vorstellungen von innerer Pressefreiheit erst gar kein Missverständnis
entsteht, wies Neven DuMont auch direkt darauf hin, was er nun von
seinen leitenden Angestellten erwartet: "Ich muß Sie nachdrücklich
auffordern, sich wieder mit der grundsätzlichen Haltung unseres
Hauses zu identifizieren, und dies sofort und ohne Wenn und
Aber."
"Her
mit dem Geld!"
Im Hause
DuMont-Schauberg hält man sich bei offiziellen Anfragen zu dem
Brandbrief, der der taz vorliegt, vornehm zurück. "Der Öffentlichkeitsarbeit
ist ein solcher Vorgang nicht bekannt", heißt es diplomatisch.
Im übrigen wolle man zu internen Überlegungen ohnehin keine Auskunft
geben. In den nachfolgenden Express-Ausgaben konnte allerdings
nachvollzogen werden, dass der Chefbrief seine Wirkung nicht verfehlt
hat. Wenn es sich nicht vermeiden lässt, dann kommt der Bundeskanzler
halt so auf den Titel, wie es der Liberalität des Hauses entspricht:
grimmig dreinblickend mit der Überschrift "Her mit dem Geld,
Leute! Gerhard Schröder-Schröpf" oder mit montiertem
"blauen Auge" als "Watschn-Kanzler" - also mit
voller Kraft gegen Rot-Grün. Die Linie stimmt wieder. |