Hat der
CDU-Fraktionschef geheugelt? Der starke Mann der Kölner
Christdemokraten bestreitet die Anschuldigungen.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende im Rat
der Stadt Köln, Rolf Bietmann, steht weiter unter Druck.
Wenige Tage vor den Kommunalwahlen am 12. September
erhoben sowohl die "Süddeutsche Zeitung" als
auch die "Frankfurter Rundschau" neue Vorwürfe
gegen den starken Mann der Kölner Christdemokraten.
Am Dienstag und Mittwoch
hatte Bietmann vehement Berichten widersprochen, er habe
Einfluss auf einen Grundstückserwerb der Stadt von der
Kölner Firma Business Immobilien Projekt GmbH (BIP)
genommen. Auch habe er weder Einfluss auf die Geschäfte
der BIP ausgeübt noch Gelder oder sonstige Vorteile
erhalten. An der BIP soll der Professor für Arbeitsrecht
zumindest zeitweise maßgeblich beteiligt gewesen sein.
"Nach dem Fall Heugel will man einen neuen Fall
konstruieren, um der CDU zu schaden", erklärte
Bietmann. Der SPD-Oberbürgermeisterkandidat Klaus Heugel
war vor knapp zwei Wochen über illegale
Insidergeschäfte gestürzt.
In welcher Verbindung
stand Bietmann tatsächlich zur BIP? Nach Erkenntnissen
der "Süddeutsche Zeitung" soll der
CDU-Fraktionschef Anfang der 90er Jahre mit seinem
eigenen Vermögen für einen Millionenkredit der Kölner
Stadtsparkasse an die BIP gehaftet haben. Der
CDU-Spitzenpolitiker bestreitet das. Es habe sich nur um
eine private Bürgschaft für den BIP-Geschäftsführer
Bernd Josef Kolle gehandelt - dem Kanzleipartner
Bietmanns.
Auf jeden Fall benötigte
die neugegründete Firma mit einem Stammkapital von
50.000 Mark den Kredit, um in Thüringen investieren
können. An den Geschäften der BIP im wilden Osten war
Bietmann unbeteiligt. Der Rechtsanwalt beriet nach der
Wende den Landkreis Gera-Land. So war er behilflich, als
der Landkreis eine Jungbullenmast nebst 253.000
Quadratmeter verkaufen wollte. Bietmann fand einen
Käufer: die BIP. Sie machte das Geschäft für 2,5
Millionen Mark. Für seine Bemühungen stellte Bietmann
dem Kreis Gera 31.895,83 Mark in Rechnung. Dann wechselte
der Jurist die Seiten: 15 Tage nach dem Ende seines
Beratervertrages vertrat seine Kanzlei die BIP gegen
seinen vormaligen Mandanten. Der Landkreis war wegen
angeblich verspäteter Zahlung des Kaufpreises gegen die
BIP vorgegangen. Doch nicht nur das. Da die Ostler sich
bei dem Verkauf über den Tisch gezogen fühlten, wurde
gegen Bietmann und andere ein Ermittlungsverfahren wegen
des Verdachts der Untreue und des Betrugs eingeleitet. Im
März 1998 wurde das Verfahren allerdings eingestellt.
Auch die "Frankfurter
Rundschau" lässt Bietmanns Geschäftstüchtigkeit
in einem zweifelhaften Licht erscheinen. Sie zitiert aus
einem Protokoll über ein, laut Gerling-Konzernsprecher
Christoph Groffy, "ganz normales Gespräch",
das im Oktober 1995 zwischen Mitarbeitern der
Rechtsschutzversicherung des Gerling-Konzerns und
Bietmann stattgefunden hat. In dem Protokollauszug heißt
es wörtlich: "Dr. Bietmann möchte gerne enger mit
dem Gerling-Konzern zusammenarbeiten und hat dem
Unterzeichner ausdrücklich ,Hilfestellungen' aufgrund
seiner Beziehungen angeboten. Ganz offen sprach er an,
dass er im Gegenzug auch entsprechende Mandate von uns
erwartet." Bietmann soll laut Gesprächsnotiz als
ersten Ansatzpunkt einer engeren Zusammenarbeit die
neugegründete städtische Telefongesellschaft
"netcologne" angeboten haben. Bei
"netcologne" sitzt Bietmann für die Kölner
Gas- und Elektrizitätswerke im Aufsichtsrat. Das
Gespräch habe so nie stattgefunden, versichert Bietmann.
Gerling habe sich vielmehr bei ihm inzwischen schriftlich
für die Protokollnotiz entschuldigt.
Die CDU wittert hinter den
Berichten gegen ihren Spitzenmann eine Kampagne der SPD.
So erklärte der Kölner CDU-Vorsitzende Richard Blömer:
"Wenn jemand im Sumpf ist, versucht er, auch andere
in den Sumpf hinabzuziehen."
Der CDU-Landesvorsitzende
Jürgen Rüttgers bezeichnete die gegen seinen
Parteifreund erhobenen Vorwürfe als "olle
Kamellen". Auch er vermutet dahinter eine
sozialdemokratische Intrige. Allerdings vermied es
Rüttgers, sich eindeutig hinter Bietmann zu stellen. Er
werde weder eine "Vorverurteilung" noch einen
"Vorfreispruch" aussprechen. "Dazu weiß
ich zu wenig", sagte Rüttgers. Für den grünen
stellvertretenden Ministerpräsidenten Michael Vesper ist
hingegen der Fall klar: "Auf einer Skala von Heugel
bis Jelzin liegt Bietmann irgendwo in der Mitte."
Der SPD-Landesvorsitzenden Franz Müntefering sieht in
dem Fall Bietmann nur eine von vielen CDU-Affären. Er
zeige, so Müntefering: "Persönliches Fehlverhalten
hängt nicht vom Parteibuch ab."
Unterdessen ist in Köln
auch die Affäre um mögliche Insidergeschäfte im Zuge
des Verkaufs des städtischen Anteils an dem
Energietechnik-Unternehmen Felten & Guilleaume
(F&G) noch nicht ausgestanden. Die Affäre hatte den
SPD-Oberbürgermeisterkandidaten und Oberstadtdirektor
Klaus Heugel zu Fall gebracht. Das Bundesaufsichtsamt
für den Wertpapierhandel untersucht immer noch, ob es
neben Heugel noch weitere "Schwarze Schafe"
gegeben hat. Stutzig macht beispielsweise das "gute
Näschen" des Kölner Börsenprofis Christoph Kahl.
Der hatte sich "als Privatmann" und "aus
spekulativem Interesse", wie er sagt, ab Ende 1997
kräftig mit F&G-Aktien eingedeckt. Mal kaufte er
500, mal 3000, einmal auch 10.000 Stück. Als im August
1998 die stadteigenen Kölner Gas-, Elektrizitäts- und
Wasserwerke, deren Aufsichtsratsvorsitzender Rolf
Bietmann ist, ihre F&G-Anteile an die Bonner
Moeller-Gruppe verkauften, hatte es Kahl, ein ehemaliger
Vorsitzender der CDU-Jugendorganisation "Jungen
Union" in Köln und alter Bekannter Bietmanns, auf
über fünf Prozent der 1,3 Millionen F&G-Aktien
gebracht. Über seinen Gewinn will Kahl keine Auskunft
geben. Falls er jedoch das offizielle Übernahmeangebot
von Moeller angenommen hat, dann wären mindestens 19,5
Millionen Mark auf sein Konto geflossen. Der gefallene
SPD-Oberbürgermeisterkandidat Klaus Heugel verdiente an
seinen Aktien gerade mal etwas mehr als 60.000 Mark.
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